Archive für Beiträge mit Schlagwort: Strafrecht

Sydney, 3. Oktober 2014 (ADN). „Ein neues Gesetz macht die Berichterstattung über den australischen Nachrichtendienst fast unmöglich. Journalisten riskieren jahrelange Haftstrafen, auch wenn sie im öffentlichen Interesse publizieren.“ Das schreibt die Korrespondentin der „Neuen Zürcher Zeitung“ auf dem fünften Kontinent, Heidi Gmür, am Freitag auf der Titelseite des Blattes. Das australische Parlament habe dem Inlandsgeheimdienst (Asio) zu Wochenmitte neue Kompetenzen  zugesprochen, die als Teil eines Pakets zur Bekämpfung des Terrorismus bezeichnet werden. Besonders umstritten seien die Befugnisse, die die Asio künftig im Rahmen sogenannter „Special Intelligence Operations“ erhalten. Werde ein solcher Einsatz vom Justizministerium bewilligt, genießen die beteiligten Ermittler nicht nur weitgehende strafrechtliche Immunität. Das neue Gesetz erschwere es der Öffentlichkeit, den Geheimdienst zur Rechenschaft zu ziehen, selbst wenn der Einsatz schiefgeht oder die Asio in den Verdacht des Machtmissbrauchs gerät. Journalisten, die über solche Aktionen publizieren, riskieren bis zu zehn Jahre Gefängnishaft. Auch eine Berichterstattung im öffentlichen Interesse schütze nicht vor Strafe. Der sei nur zu entgehen, wenn der Staat auf eine Verfolgung freiwillig verzichtet.

Die Reaktion auf das neue, in die Pressefreiheit eingreifende Regelwerk rief scharfe Reaktionen und Kritik bei Medienvertretern und Rechtsexperten hervor. Zitiert wird Jura-Professor Rick Sarre: „Der Maulkorb zwingt uns dazu, darauf zu vertrauen, dass der Staat nichts falsch macht.“ In Journalistenkreisen wird weiterhin eine gravierende Erschwernis des Quellenschutzes befürchtet. Bereits heute müsse ein australischer Journalist, der sich weigert, seine Quellen bekanntzugeben, wegen Missachtung des Gerichts mit Haftstrafe rechnen.

Die Autorin schreibt desweiteren unter der Überschrift „Die Freiheit stirbt langsam“ in einem Kommentar: „Vorsorge ist die beste Medizin, könnte man sagen – wenn nicht grundlegende Freiheiten auf dem Spiel stünden und mit der Pressefreiheit ein Fundament jeder funktionierenden Demokratie. … Wenn Journalisten selbst dann langjährige Gefängnisstrafen riskieren, wenn sie im öffentlichen Interesse Informationen zu Spezialeinsätzen des Geheimdienstes publik machen, greift die Regierung Freiheiten an, die es just gegenüber extremistischen und freiheitsfeindlichen Gruppierungen wie dem Islamischen Staat zu verteidigen gilt.“ ++ (me/mgn/03.10.14 – 275)

http://www.adn1946.wordpress.com, e-mail: adn1946@gmail.com, Redaktion: Matthias Günkel (mgn), adn-nachrichtenagentur, SMAD-Lizenz-Nr. 101 v. 10.10.46

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Karlsruhe/München, 19. März 2013 (ADN). „Aus dem Strafgesetzbuch wird so ein Handelsgesetzbuch, aus der Strafkammer eine Handelskammer, der Strafrichter wird zum Handelsrichter.“ Das schreibt Heribert Prantl am Dienstag auf dem Internet-Portal sueddeutsche.de über die am Vormittag im Bundesverfassungsgericht (BVG) verkündete Entscheidung zu der seit Jahren im Strafprozess praktizierten sogenannten Dealerei, die nunmehr hochoffiziell genehmingt ist. Es werde in diesem neuen Strafverfahren nicht mehr unbedingt die Wahrheit gesucht. Stattdessen werde gefeilscht, gekungelt, gepokert und gezahlt. Geständnis und Deal würden außerhalb des Gerichtssaals oft am Telefon von Richter, Staatsanwalt, Verteidiger und Angeklagtem ausgetüftelt. Die Strafe werde nicht nach der festgestellten, sondern der ausgehandelten Schuld bemessen.
„Das ist nun die Zukunft des Strafverfahrens – und es ist keine gute“, schreibt Prantl, der selbst einmal als Richter tätig war. Sie habe ohnehin längst begonnen, denn jedes fünfte Strafverfahren ist laut Schätzungen schon jetzt gedealt.

Der Deal wurde vor rund 30 Jahren am geltenden Recht vorbei in der Praxis entwickelt, dann legalisiert und ausgeweitet. Jetzt trägt er höchstrichterliche Weihen und Mahnungen. Es ist nach den Worten von Prantl eine epochale Umwälzung des Rechtssystems. Der bisherige Strafprozess, in dessen Mittelpunkt die Aufklärung der Tat stand, verliert an Bedeutung, heißt es in dem Kommentar. „Und der Glaube an das Recht verliert seine Kraft“.

In den sofort rege im Internet verfassten Diskussionsbeiträgen ist von Verhältnissen wie in einer Bananenrepublik. von umfassender Zulassung von Willkür und von der nur noch virtuellen Existenz des Rechtsstaates die Rede. „Ein armer Mensch und Bürger wird juristisch deklassiert. Analog zu den finanziellen Umverteilungen von oben nach unten wird so auch das Recht eine Sache des Geldes und des Standes. Die Augenbinde der Justitia wird obsolet“. Das ist eine der zahlreichen auf den wahren Kern gebrachten Reaktionen. ++ (re/mgn/19.03.13 – 073)

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