Archive für Beiträge mit Schlagwort: Therapie

Duisburg, 22. Juli 2014 (ADN). Noch immer sterben Opfer der Loveparade des Jahres 2010 in Duisburg. Das bestätigte der Gründer der Betroffenen-Initiative LoPa 2010, Jörn Teich,  in einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ (SZ), das am Dienstag veröffentlicht wurde. Er selbst kenne fünf Personen, die sich das Leben genommen haben, weil sie das Unglück mit seinen ursprünglich 21 Todesopfern nicht verkraften konnten. Zu den in der Nachfolgezeit Gestorbenen gehöre eine junge Frau, auf deren Beerdigung er kürzlich war. Sie habe nach der Loveparade eine Persönlichkeitsstörung entwickelt und landete schließlich mehrmals in geschlossenen psychiatrischen Einrichtungen. Sie hatte sich immer wieder selbst verletzt, irgendwann bis zum Tod. „Die Dunkelziffer ist aber viel höher. Das wird ja nirgends erfasst. Wer ein Loveparade-Opfer ist, weiß niemand“, so der 40jährige. Diese Situation sei eine erneute Katastrophe. Es gebe keine Infrastruktur und keine Gelder, um Hilfe zu leisten und aufzuklären. Nicht einmal die Krankenkassen müssten Therapien bezahlen, wenn dem Leid eine Straftat zugrunde liegt. Eigentlich müsse der Verursacher zur Verantwortung gezogen werden, aber der sei bis heute nicht gefunden. Als zuständige Behörde für Hilfeleistung sieht Teich das Land Nordrhein-Westfalen,, weil es einen solchen Irrsinn zugelassen und einen so schlechten Polizeieinsatz beigesteuert hat. Das Land müsse deshalb Geld locker machen. Auch der Veranstalter, der eine millionenschwere Fitnesskette hat, stehe in der Verantwortung. Es könne nicht sein, dass man die Menschen weiter sterben lässt.

Teich schilderte seine eigenen Befindlichkeiten, die den Alltag komplett verändert haben. „Ich wurde schlaflos, aggressiv, ängstlich. Wenn ich mit mehr als fünf Menschen irgendwo stehe, bekomme ich ein flaues Gefühl im Magen, Feste meide ich jetzt. Früher hatte ich eine große Clique, heute bin ich am liebsten allein. Und ich habe eine Phobie gegen Polizisten entwickelt, weil die uns damals nicht geholfen haben. Wenn ich einen Mann in Uniform sehe, fange ich an zu schlottern. Polizisten denken bei Verkehrskontrollen, sie hätten einen Junkie vor sich – so bin ich einige Male auf der Wache gelandet. Horror.“  ++ (gs/mgn/22.07.14 – 202)

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Saarbrücken, 22. Februar 2014 (ADN). Der Schöpfer des am schlechtesten beleumdeten Korpus bundesdeutscher Sozialgesetzgebung – kurz Hartz IV genannt – , Peter Hartz, kreiert eine neuartige Methode zur Bewältigung der Langzeitarbeitslosigkeit. In einem Interview mit der Monats-Zeitschrift „Psychologie heute“, das in der März-Ausgabe veröffentlicht wurde, präsentiert der ehemalige VW-Manager sein jüngstes Konzept. Es wird seit 2010 im Saarland in zwei Testgruppen mit 15 bzw. 20 Teilnehmern erprobt. Die Hälfte der Probanden konnten nach Aussage von Hartz inzwischen erfolgreich vermittelt werden. Das Hartz-V-Rezept steht unter der Devise „Langzeitarbeitslose als Miniproneure“ und gehört zum Programm der „SHS-Foundation“. Das Kürzel steht für „Saarländer helfen Saarländern“, Peter Hartz, der damit in seiner Heimat an der Saar die Saat für neue Arbeitsplätze ausbringen will, erläutert in dem Gespräch mit dem Magazin die Begriffe und das Anliegen: „Ein Miniproneur ist jemand, der sein Leben selbst in die Hand nimmt, sich selbst zum Projekt macht. Und dabei wollen wir ihn unterstützen. Die entscheidende Frage ist nicht: Welche Fehler hat jemand, was sind seine Vermittlungshemmnisse ? Sondern: Was hat jemand im Laufe seines Lebens an Wissen, Können und Erfahrungen gesammelt und was lässt sich daraus machen ?“ Um das herauszufinden setze man bei diesem Vorhaben auf eine „ausgeklügelte Talentediagnostik“. „Wenn Sie das mit allen Langzeitarbeitslosen machen, bekommen Sie tolle Ergebnisse“, ist der vielgehasste ehemalige Wirtschaftsboss überzeugt. Mit Hilfe der Trendforschung hätten sich 131 Dienstleistungen der Zukunft herauskristallisiert, die in sieben „Jobfamilien“ einsortiert sind. „Blog- und Twitter-Ghostwriter“ sei eine dieser Tätigkeiten. „Mit unserem Beschäftigungsradar finden wir geeignete Jobs im 30-Kilometer-Radius“, berichtet Hartz. Er erinnert in diesem Zusammenhang an ein bereits vor zehn Jahren praktiziertes Modell. „Die Ich-AGs hatten viel mehr Erfolg, als ihnen heute bescheinigt wird. 390.000 haben es gewagt.“ 

An dem Gespräch nahm Prof. Hilarion Petzold teil, der an dem Projekt beteiligt ist und mit Hartz gemeinsam ein Buch verfasst hat. Nach den Worten des wissenschaftlichen Leiters an der Europäischen Akademie für biopsychosoziale Gesundheit Hückswagen und Leiters des Studiengangs psychosoziale Supervision an der Donau-Universität Krems ist Arbeitslosigkeit keine Krankheit. Sie könne jedoch auf der somatischen, seelischen und sozialen Ebene zu extremen Belastungen und dann auch zu Krankheit führen. Da seien umfassende „biopsychosozialökologische Beratungs- und Coachingansätze gefragt“, so Petzold. „Wenn aber durch die Langzeitarbeitslosigkeit und andere Belastungen – wie Wohnungsverlust, Familienstress, Schuldenlast, soziale Stigmatisierung – aufgetreten sind, dann sollte man nicht zögern, die Hilfe kurzzeitig wirksamer aktueller Therapieverfahren in Anspruch zu nehmen.“ ++ (so/mgn/22.02.14 – 053)

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