Archive für Beiträge mit Schlagwort: Thomas-Kirche

Leipzig, 10. März 2015 (ADN). Hinter den Protestbewegungen Pegida und Legida steckt ein radikales Netzwerk, das sich aus NPD, Republikanern und anderen rechtsextremen Gruppierungen rekrutiert. Das erklärte der ehemalige Pfarrer an der Leipziger Thomaskirche, Christian Wolff, am Dienstag in einem ADN-Gespräch. Die beiden Organisationen vergifteten das städtische Zusammenleben – insbesondere hinsichtlich der Aufnahme von Asylbewerbern und Flüchtlingen in den Kommunen. Solch konkretes Tun sei aber dringend erforderlich. Die aktuellen Ereignisse um den zurückgetretenen Bürgermeister der Gemeinde Tröglitz in Sachsen-Anhalt zeigten, dass es sich um die Spitze eines Eisberges handelt und sich ein ausländerfeindliches Spinnennetz entfaltet. Sie seien auch Beweis für die weit verbreitete Hilflosigkeit und den Gleichmut der Bürger gegenüber solch gefährlichen Menschen, die sich unter dem dreifachen Schlachtruf ‚“Lügenpresse – Wir sind das Volk – Volksverräter“ sammeln. Eine solche Gesinnung ruhe auf den Grundsäulen des Faschismus und der nationalen Verengung. Dieses geistige Strickmuster und die Parolen kenne er aus den alten Bundesländern beispielsweise aus Mannheim, als Anfang der 60er Jahre die ersten Italiener und später Türken als Gastarbeiter kamen. Zeitversetzt sei dies dann in das ideologische Vakuum der ostdeutschen Bundesländer übertragen worden – begünstigt durch das dort bereits zu DDR-Zeiten ruhende rechtsradikale Potential.

Wolff, der in Leipzig eine gegen Legida gerichtete Initiative ins Leben gerufen hatte, hält Demonstrationen auf Straßen und Plätzen nur für eine Zwischenlösung. Multikulturalität wachse langsam. Ein Patentrezept für Sachsen vermochte er nicht zu präsentieren. Er verwies auf prinzipielle Unterschiede zwischen Leipzig und Dresden. Historisch bedingt sei die sächsische Landeshauptstadt konservativ und angepasst. Da funktioniere der Nationalsozialismus gut. Seine Position werde verkannt. Das gelte auch für den Chef der Dresdener Landeszentrale für politische Bildung, Frank Richter, der sich gegenüber Nazis zu nachsichtig verhalte. Das habe sich bei einer Tagung im Juli in Meißen gezeigt, zu der er Grüne aus- und Rechte einladen wollte. Auch drücke er sich vor offener und direkter Auseinandersetzung. Offensichtlich sei das der Grund, weswegen Richter seine Teilnahme an einer Diskussion vor knapp zwei Wochen in Leipzig kurzfristig absagte. Die Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung trug die Überschrift „‚Lügenpresse‘ – Zum Umgang von Medien und Öffentlichkeit mit den neuen Wutbürgern“. ++ (pr/mgn/10.03.15 – 61)

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Leipzig, 31. Oktober 2014 (ADN). Wer in St. Thomas das Wort Gottes verkündet, predigt in einer ganz besonderen Öffentlichkeit. Das erklärte Superintendent Martin Henker am Freitag anlässlich der Einführung des neuen Pfarrers Martin Hundertmark in der bekannten Leipziger Thomas-Kirche am Reformationstag. Es sei Mut gefragt, Orientierung für die Menschen in Stadt und Land zu geben. Das tat der neue Seelsorger zu seiner Premiere dann auch gegenüber den Gottesdienstbesuchern im vollbesetzten Schiff des traditionsreichen Sakralbaus. Er bezog sich dabei auf Grundsätze des von den Nazis ermordeten Theologen Dietrich Bonhoeffer und seine „Stationen auf dem Weg in die Freiheit“. Seit Martin Luthers Thesenanschlag im Jahr 1517 habe die Freiheit das Primat vor den Tatsachen. Ein weitaus jüngerer überzeugender und eindrucksvoller Beweis dafür sei der Fall der Berliner Mauer vor 25 Jahren. In Thüringen, woher der 43jährige Hundertmark stammt und wo er sich zu DDR-Zeiten als Schüler vor seiner Klasse für das Sehen von Westfernsehen rechtfertigen sollte, gebe es derzeit eine wichtige landespolitische Phase der Bewährung. Dort müsse gerade über eine Regierungskooperation entschieden und „dünne Werte verteidigt werden, indem man mit der SED-Nachfolgepartei in eine Koalitionskiste hüpft“.

Hundertmark, der Spross einer aus Vacha in der thüringischen Rhön stammenden Pastorendynastie ist, wies darauf hin, dass protestantische Christen keinem politischen Herren untertan sind. Das habe ihm sein Großvater bereits vor 30 Jahren als Widmung ins Gesangbuch geschrieben. Auch Bonhoeffer habe sich – mit bitteren Konsequenzen – dem „Fürsten dieser Welt“ seinerzeit entgegegestellt.  Martin Luthers Leitsatz „Ein feste Burg ist unser Gott“ steht nicht nur über meiner Ordinationskirche  in Eisenach, so der neue Thomas-Pfarrer. Dieses Motto habe er verinnerlicht.

Mit der Einführung von Martin Hundertmark endete die neunmonatige Vakanz einer stets doppelten Theologen-Besatzung.  Sein Team-Pendant ist Pfarrerin Britta Taddiken, die aus Pinneberg stammt und im Jahr 2011 nach Sachsen bzw. zu der Leipziger Kirche wechselte, in der weltberühmte Thomaskantor Johann Sebastian Bach wirkte und seiner letzte Ruhestätte gefunden hat. Nunmehr ist die 4.638 Mitglieder umfassende Thomas-Gemeinde seelsorgerisch wieder komplett versorgt. ++ (re/mgn/31.10.14 – 303)

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