Erfurt/Berlin, 23. Juni 2012 (ADN). Fast jeder zehnte Neonazi im „Thüringer Heimatschutz“ (THS) war ein Geheimdienst-Spitzel. Das haben nach einem Bericht der „Berliner Zeitung“ in deren jüngster Wochenendausgabe Vertreter des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV) eingestanden. Vor der Parlamentarischen Kontrollkommission des Erfurter Landtages bestätigten LfV-Beamte, dass im Zeitraum 1997 bis 2003 insgesamt zwölf V-Leute Berichte über die rund 140 Mitglieder zählende Nazi-Vereinigung lieferten. Zu der kleinen Gruppe gehörten auch die nunmehr als mehrfache Mörder verdächtigten NSU-Terroristen Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe. Jahrelang hatten die zahlreichen Spitzel nichts von den verbrecherischen Aktivitäten des Trios gemerkt.
Es gibt nach dem Bericht der Berliner Tageszeitung Hinweise, dass in diese seit dem Jahr 1997 betriebene, sogenannte Operation „Rennsteig“ des Thüringer Verfassungsschutzes, des Bundesamtes für Verfassungsschutzes (BfV) und des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) auch das bayrische Landesamtes für Verfassungsschutz verwickelt war. Es hat mit eigenen V-Leuten Erkenntnisse gewonnen und Informationen an das BfV weitergeleitet.
Trotz dieser ungeheuerlichen Spitzel-Dichte und deren umfangreicher staatlicher Finanzierung konnten dennoch keine verwertbaren Nachrichten zu der bundesweiten Mordserie generiert werden. Der Verdacht der Kumpanei zwischen krimineller Nazi-Vereinigung und Behörden drängt sich angesichts dieser Tatsachen auf. Gestützt wird diese Vermutung durch den Tatbestand, dass das BfV Akten der Operation „Rennsteig“ aus den Jahren 1997 bis 2001 vernichtet hat. Dies geht aus einem Geheimbericht hervor, der der „Berliner Zeitung“ nach deren eigenen Angaben vorliegt.
Der diesbezüglich vom Thüringer Landtag installierte Untersuchungsausschuss setzte der dortigen Landesregierung ein Ultimatum für die Übergabe wichtiger Dokumente. Die Akten müssen bis zum 3. Juli 2012 herausgegeben werden.
Dem ebenfalls in die Vorgänge verstrickten sächsischen Verfassungsschutz werden von der in Dresden tätigen Parlamenatarischen Kontrollkommission Fehler nachgewiesen. Die Ermittler hätten „mehr selbständig nachdenken und bewerten müssen“, wird das Gremium in der Berliner Publikation zitiert. ++ (dk/mgn/23.06.12 – 181)