Archive für Beiträge mit Schlagwort: Verantwortung

Leipzig, 15. Januar 2015 (ADN).  „Für Pegida bin ich gewissermaßen auch dankbar.“ Das sagte der langjährige diplomatische Korrespondent der Hamburger Wochenzeitung „Die Zeit“, spätere Leiter des Londoner Instituts für strategische Studien sowie Direktor der Stiftung Wissenschaft und Politik, Christoph Bertram, am Donnerstagabend in Leipzig bei einer Diskussionsveranstaltung mit Journalistikstudenten der ortsansässigen Universität. Die Wucht der Bilder bringe die Politiker, die eigentlich nicht gestört werden wollen, auf Trab. Die Medien, denen gegenwärtig der Stempel „Lügenpresse“ aufgedrückt wird, müssten auch Gegenmeinungen aufnehmen und widerspiegeln. Das Fernsehen trage dabei eine besondere Verantwortung. „Wir sind alle nicht objektiv“, sagte der prominente Journalist über seine Zunft. Persönliche Überzeugungen schwingen immer mit. Von der Presse könne man keine absolute Objektivität erwarten. Eine Abhängigkeit des Journalismus und seiner Macher von politischen Interessen sei für ihn jedoch eine schreckliche Vorstellung. Dem könne nur durch Selbstkontrolle entgegengewirkt werden. Für viele Journalisten sei die Erkenntnis, die Welt nicht verändern zu können, interessant und zugleich frustrierend. Nur die Politik habe dazu die Möglichkeit. Dass sie sich in ihrer Haltung bei den TTIP-Verhandlungen dennoch nicht von der gewaltigen Gegenbewegung in der Öffentlichkeit beeindrucken lasse, sei dafür eine Beleg-Facette.

Nach seiner gegenwärtigen Tätigkeit als Berater des Bundesaußenministers Frank-Walter Steinmeier befragt, erläuterte Bertram das Projekt „Review 2014“, das wegen des wahrgenommenen allgemeinen außenpolitischen Desinteresses initiiert wurde. Die Bundesrepublik Deutschland habe lange Jahre international in Selbstzufriedenheit innegehalten. Den nun oft verwendeten Begriff „Verantwortung“ halte er für gefährlich. Allzu häufig werde er mit militärischen Einsätzen bundesdeutscher Streitkräfte verwechselt. Innerhalb des Projekts wird nach den Worten von Bertram auch der Frage nachgegangen, worin eigentlich „unsere nationalen Interessen“ bestehen. Im Ausland sei man auf der Suche nach der Antwort auf die Frage: „Was ist Euch Deutschen eigentlich wichtig ?“. Nur Gutes tun, geht nicht, so der Außenpolitik-Experte. ++ (me/mgn/15.01.15 – 15)

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Duisburg, 22. Juli 2014 (ADN). Noch immer sterben Opfer der Loveparade des Jahres 2010 in Duisburg. Das bestätigte der Gründer der Betroffenen-Initiative LoPa 2010, Jörn Teich,  in einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ (SZ), das am Dienstag veröffentlicht wurde. Er selbst kenne fünf Personen, die sich das Leben genommen haben, weil sie das Unglück mit seinen ursprünglich 21 Todesopfern nicht verkraften konnten. Zu den in der Nachfolgezeit Gestorbenen gehöre eine junge Frau, auf deren Beerdigung er kürzlich war. Sie habe nach der Loveparade eine Persönlichkeitsstörung entwickelt und landete schließlich mehrmals in geschlossenen psychiatrischen Einrichtungen. Sie hatte sich immer wieder selbst verletzt, irgendwann bis zum Tod. „Die Dunkelziffer ist aber viel höher. Das wird ja nirgends erfasst. Wer ein Loveparade-Opfer ist, weiß niemand“, so der 40jährige. Diese Situation sei eine erneute Katastrophe. Es gebe keine Infrastruktur und keine Gelder, um Hilfe zu leisten und aufzuklären. Nicht einmal die Krankenkassen müssten Therapien bezahlen, wenn dem Leid eine Straftat zugrunde liegt. Eigentlich müsse der Verursacher zur Verantwortung gezogen werden, aber der sei bis heute nicht gefunden. Als zuständige Behörde für Hilfeleistung sieht Teich das Land Nordrhein-Westfalen,, weil es einen solchen Irrsinn zugelassen und einen so schlechten Polizeieinsatz beigesteuert hat. Das Land müsse deshalb Geld locker machen. Auch der Veranstalter, der eine millionenschwere Fitnesskette hat, stehe in der Verantwortung. Es könne nicht sein, dass man die Menschen weiter sterben lässt.

Teich schilderte seine eigenen Befindlichkeiten, die den Alltag komplett verändert haben. „Ich wurde schlaflos, aggressiv, ängstlich. Wenn ich mit mehr als fünf Menschen irgendwo stehe, bekomme ich ein flaues Gefühl im Magen, Feste meide ich jetzt. Früher hatte ich eine große Clique, heute bin ich am liebsten allein. Und ich habe eine Phobie gegen Polizisten entwickelt, weil die uns damals nicht geholfen haben. Wenn ich einen Mann in Uniform sehe, fange ich an zu schlottern. Polizisten denken bei Verkehrskontrollen, sie hätten einen Junkie vor sich – so bin ich einige Male auf der Wache gelandet. Horror.“  ++ (gs/mgn/22.07.14 – 202)

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