Archive für Beiträge mit Schlagwort: Verwaltungsgericht

Frankfurt am Main, 14.Dezember 2013 (ADN). Unter der Überschrift „Richterstaat statt Rechtsstaat“ übt der Leser der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ) Horst Trieflinger aus Frankfurt am Main in der Sonnabend-Ausgabe heftige Kritik an den Zuständen in der bundesdeutschen Justiz. Ausgangspunkt seiner Überlegungen ist die Handlungsweise eines Vorsitzenden Richters am Arbeitsgericht Leipzig. Er ist gegen die negative Einschätzung seiner Arbeitsleistung durch den zuständigen Gerichtspräsidenten selbst juristisch vorgegangen und hat dabei sämtliche Rechtswege bis zum Bundesgerichtshof (BGH) als letzte Instanz durchlaufen. Dieses Gremium ließ den klagenden Richter unter dem Motto „Kein Anspruch auf Faulheit“ ebenfalls abblitzen. Parallel hatte der Arbeitsrichter in derselben Sache auch beim Verwaltungsgericht mehrere Klagen eingereicht. Der FAZ-Leser weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Überlastung der Justiz hausgemacht ist.

Er nennt weitere Beispiele, Gründe und Auswüchse der Selbstbeschäftigung in den inneren Zirkeln bundesdeutscher Juristen. So setze sich die Juristenschaft sogar in ihrer Rechtssprechung über den Willen des Gesetzgebers hinweg und erhebe sich zum Ersatzgesetzgeber. Insofern habe man es nicht mit einem Rechtsstaat zu tun, sondern sei mit einem Richterstaat konfrontiert. Er zitiert den ehemaligen Richter am Oberlandesgericht Köln, Egon Schneider, der den Zustand der Dienstaufsicht gegenüber Richtern aufs Korn nimmt und sie ein Experiment nennt. „Eine Crux unseres Rechtswesens ist das völlige Versagen der Rechtsaufsicht gegenüber Richtern … Welche Rechtsverletzungen Richter auch immer begehen mögen, ihnen droht kein Tadel“. Daraus darf geschlossen werden, dass die Robenträger in diesem kruden System letztlich machen können, was sie wollen. ++ (ju/mgn/14.12.13 – 342)

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Köln/Berlin, 8. Dezember 2013 (ADN). Sieben Jahre ließ der öffentlich-rechtliche Westdeutsche Rundfunk (WDR) eine Anfrage zur Struktur und Methodik seiner Auftragsvergabe unbeantwortet. Es ging darum, ob bestimmte Firmen, die mit Rundfunkräten in Verbindung stehen, Aufträge des WDR erhielten, und wenn, in welchem Umfang, und ob es jeweils eine Ausschreibung gab.“ So beschreibt die Wochenzeitung „der Freitag“ in ihrer jüngsten Ausgabe die Problemlage, deretwegen sie sich im Jahr 2006 an den größten Sender der Arbeitsgemeinschaft der Rundfunkanstalten Deutschlands (ARD) mit Sitz in Köln gewandt hatte. Die neunseitige Antwort des WDR liegt nun vor. Sie ist das Ergebnis einer Auskunftsklage und eines fünfjährigen Prozesses.

Die Sendeanstalt hatte in dem angefragten Zeitraum 2002 bis 2006 jährlich 6,8 Millionen Euro an den Kölner Stromlieferanten Rheinenergie AG für die Versorgung mit Elektrizität gezahlt. Wie es der Zufall will, gehört Herbert Reul sowohl dem Aufsichtsrat von Rheinenergie als auch dem WDR-Rundfunkrat an. Die Gefahr eines Interessenkonflikts wegen seiner Doppelfunktion sieht Reul nicht, da die Lieferverträge mit Rheinenergie zu keinem Zeitpunkt Gegenstand einer Beschlussfassung im Rundfunkrat gewesen seien, berichtet die Berliner Wochenzeitung. Sie zitiert den Mehrfach-Manager wörtlich: „Über die entsprechenden Vergabeverfahren war ich weder informiert, noch war ich daran in irgendeiner Form beteiligt“. Deshalb habe „auch kein Anlass zur Anzeige einer dauerhaften Interessenkollision“ bestanden. Das sieht nämlich das WDR-Gesetz vor.

Nachdem nun die Auskunftsklage eingereicht und zudem im Landtag von Nordrhein-Westfalen (NRW) diskutiert worden war, änderte sich plötzlich zum Jahreswechsel 2009/2010 das WDR-Gesetz. Ein Passus wurde einfach gestrichen. Sein Inhalt bestand darin, dass „kein Mitglied“ und kein Stellvertreter im Rundfunkrat „unmittelbar oder mittelbar“ mit der Anstalt für eigene oder fremde Rechnung Geschäfte machen dürfe, weder als Inhaber noch als anderweitiger „Vertreter eines Unternehmens“. Nach Wegfall der Vorschrift heißt es jetzt nur noch, Mitglieder des Rundfunkrates dürfen keine wirtschaftlichen oder sonstigen Interessen verfolgen, die geeignet sind, die Erfüllung ihrer Kontrollaufgabe „dauerhaft zu gefährden“. Stellvertretende Rundfunkratsmitglieder werden zudem von dem Verbot, mit dem WDR Geschäfte zu machen, nicht mehr erfasst. Folgerichtig wurde aus dem CDU-Mitglied und Vollmitglied des Rundfunkrates Reul flugs ein stellvertretendes Mitglied. Die Passfähigkeit zwischen Soll und Ist wurde wiederhergestellt: Das korruptionsverdächtige, von der Wochenzeitung in Gestalt einer eindrucksvollen großformatigen Grafik illustrierte Spinnennetz war repariert. Der Darstellung sind weitere ominöse Verwicklungen zu entnehmen. Zu den darin mit roten Linien gekennzeichneten Partnern oder auch potentiellen „Paten“ des WDR gehören desweiteren die Aachener Bank, Westfalenhallen Dortmund/Best Western Hotel, Koelnmesse und AV-Gründerzentrum NRW GmbH.

Der WDR erhielt von den insgesamt 7,5 Milliarden Euro, die pro Jahr durch Rundfunkgebühren eingenommen wurden, im vergangenen Jahr 1,1 Milliarden Euro – also rund ein Siebentel. Aus dieser Summe vergibt Europas größte Rundfunkanstalt mit ihren 48 Rundfunkräten viele Aufträge an private Unternehmen und natürliche Personen. Inzwischen wächst der Widerstand allgemein gegen den neu geregelten Rundfunkbeitrag, der mittlerweile auf den Rekordbetrag von 7,8 Milliarden Euro geklettert ist. Die Einnahmen der öffentlich-rechtlichen Fernseh- und Rundfunksender liegen damit weit über dem von den Bundesländern genehmigten Finanzbedarf. Die Wirtschaft verlangt Befreiungen von dem Beitrag und die Justiz erwartet eine Klagewelle. Sie wird erst die Ufer der Gerichtssäle erreichen, wenn die Bescheide über den seit Beginn dieses Jahres anders definierten Rundfunkbeitrag die Adressaten erreicht haben. Die Verwaltungsgerichte sind im Übrigen noch mit Klagen gegen Bescheide nach den alten Regeln beschäftigt. ++ (kr/mgn/08.12.13 – 336)

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