Archive für Beiträge mit Schlagwort: Wartburg

Berlin, 26. Februar 2015 (ADN). „Ex-Kanzleramtsminister Ronald Pofalla sammelte 1,2 Millionen Euro für Kinder in Marzahn“. So teilt es die Februar-Ausgabe des „Marzahn-Hellersdorfer Bezirks-Journals“ mit und ergänzt im Untertitel des mit „Ganz uneigenützig“ überschriebenen Beitrags, dass sich der früher hochdotierte CDU-Spitzenpolitiker und nunmehr höchstbezahlte Manager der Deutschen Bahn AG (DB AG) „ganz ohne Medienrummel für das Kinder- und Jugendhaus BOLLE engagiert“. Der selbsternannte „barmherzige Samariter“ Pofalla besann sich seiner ursprünglichen Ausbildung und Anfangserfahrungen als Sozialpädagoge. Ausschlaggebend für die Reise ins Berliner Armenhaus Marzahn war ein geradezu biblisches Ereignis, das herzerwärmende Erinnerungen an die Heilige Elisabeth weckt. Die Gattin des Landgrafen von Thüringen stieg seinerzeit regelmäßig von der Wartburg in das sozial darniederliegende Eisenach herab und versorgte heimlich die Armen und Elenden des städtischen Prekariats mit Brot und anderen milden Gaben. Dieser wohltuenden tausendjährigen Tradition folgend begab sich nun Ronald Pofalla vor seinem Aufstieg in den Olymp der DB-Konzernzentrale in die sozialen Niederungen der bundesdeutschen Hauptstadt Berlin. Dort ließ er sich angenehm lächelnd in einer Gruppe von benachteiligten Kindern beim Verteilen seiner Millionen-Gaben ablichten.

Die Idee für solch gutherzige Taten des Cheflobbyisten war einem Zufall zu danken. Pofalla, der regelmäßig joggt, entdeckte beim Laufen im Park Straßenkinder, kam mit ihnen ins Gespräch und hörte von ihren Schicksalen. „Mich hat diese Begegnung nicht losgelassen, ich habe viel recherchiert und da es damals auch gerade eine Plakataktion des Vereins Straßenkinder e. V. gab, habe ich dort einfach mal angerufen“, erklärte der seinerzeit auch für die Geheimdienste zuständige Ex-Kanzleramtsminister in dem Exklusiv-Bericht des „Marzahn-Hellersdorfer Bezirks-Journals“. Der Auftritt als Märchenprinz vollzog sich in der Auszeit, die sich Pofalla nach dem Ausscheiden aus dem Kanzleramt bis zum Antritt seines knallharten und kräftezehrenden Führungsposten im Januar dieses Jahres gönnte. Der einflussreiche Lobbyist muss nun allerdings nach Veröffentlichung des ganzseitigen Pressebeitrags damit rechnen, dass die Bevölkerung den noch heiß glühenden Draht zum Vorstand der DB AG nutzt, um auf die Sanierung einer seit Jahrzehnten dahin rottenden und völlig verrosteten Eisenbahnbrücke im Berliner Bezirk Marzahn-Hellersdorf hinzuwirken. Der Fußgängerübergang, der von den Wohnquartieren über Fern- und S-Bahngleise in den benachbarten Georg-Knorr-Gewerbepark führt, erinnert den Außenbetrachter an eine baufällige Kriegsruine und weckt für sicheres Überqueren erhebliche Zweifel. Über die kostenträchtige Erneuerung der Brücke wird seit Menschengedenken zwischen der DB AG und der Bezirksverwaltung heftig gestritten. In  Mieterversammlungen im Februar hat die Leitung des Kunden-Zentrums der Marzahn-Hellersdorf beherrschenden Wohnungsbaugesellschaft  DEGEWO darüber informiert, dass es weiterhin keinen Termin für einen Baubeginn an dem wackligen Bauwerk gibt und die geschätzten Kosten inzwischen auf mehr als vier Millionen Euro gestiegen sind. ++ (dk/mgn/26.02.15 – 53)

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Hannover/Leipzig, 24. September 2014 (ADN). Der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist in jüngster Zeit in großer Schnelligkeit durch Geheimdienste, Internet-Konzerne und millionenfache freiwillige Selbstauslieferung niedergetrampelt worden. Mit diesen Worten kritisierte der Landesbischof von Hannover, Ralf Meister, in Leipzig am Mittwoch beim 3. Evangelischen Medienkongress das weltweite anglo-amerikanische Spionagesystem. Die Schutzwürdigkeit des Individuums müsse gerade gegenüber neuartigen Gefährdungen verteidigt werden. In diesem Zusammenhang gratulierte der kirchliche Würdenträger Edward Snowden zur Verleihung des Alternativen Nobelpreises. „Snowden hat der Weltgesellschaft mit dieser mutigen Aufklärungstat einen großen Dienst erwiesen. Über die Freiheit unserer digitalen Kommunikation diskutieren wir seit Snowden grundsätzlicher und kritischer. als vorher. Snowden beruft sich auf sein Gewissen und erinnert damit an eine gute protestantische Tradition“, stellte der Bischof fest.

Meister hatte auf dem Medienkongress ein Impulsreferat unter dem Titel „Luther und Snowden. Ein gewagter Vergleich und was wir daraus lernen“ gehalten. Im Grußwort zu der Veranstaltung wird darauf hingewiesen, dass Martin Luthers 500 Jahre alter Kommentar zum achten Gebot „Du sollst nicht lügen“ in der Medienwelt des 21. Jahrhunderts nichts von seiner Aktualität verloren hat. Es sei so leicht geworden, zu belauschen und zu verraten.

Meister erntete für seine Auffassung nicht nur Beifall. Der Verband der Bekennenden Gemeinden hält den Vergleich Luther-Snowden für irrwitzig. Auch die Lutherbotschafterin Margot Käßmann hatte sich bereits im Vorfeld des Kongresses sehr zurückhaltend geäußert. Sie ließ die im Mai dieses Jahres an sie gerichtete Aufforderung eines investigativen Journalisten, für Snowden – wie einst für Martin Luther nach seinem furchtlosen Auftritt in Worms – auf der Wartburg bei Eisenach sicheren Unterschlupf und glaubwürdiges Asyl zu sorgen, von einem kirchlichen Mitarbeiter mit ausweichenden Argumenten beantworten. In der fast sechs Wochen später eingegangenen Reaktion wird mitgeteilt, dass sich historische Analogien in vielen Fällen als problematisch erweisen. In dem Schriftstück aus Hannover heißt es weiter: „Der heute maßgebende Bezugsrahmen für die praktische Arbeit der Kirchen lässt sich mit dem 16. und dem 18. Jahrhundert nicht mehr vergleichen.“ Die Reichsacht, die im 16. Jahrhundert über Menschen verhängt werden konnte, sei mittlerweile abgeschafft. Staat und Kirche seien voneinander getrennt. Wenn dies auch als hinkende Trennung verstanden werde, bilde sie eine „zweifellos späte aber sehr willkommene Errungenschaft der Reformation“. Niemand würde verstehen, wenn die Vertreterin einer Kirche in die Rolle eines damaligen Landesherrn schlüpfen würde, um jemanden an einen Ort, der nicht der Kirche gehört, Unterschlupf gewähren zu wollen. Es komme zu einem absurden Szenario. ++ (me/mgn/24.09.14 – 267)

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Weimar, 7. Februar 2014 (ADN)). Die Ausstellung „Demokratie aus Weimar. Die Nationalversammlung 1919“ wurde am Freitag in Weimar eröffnet. Der Auftakt der Exposition im Stadtmuseum fällt auf den 95. Jahrestag des Beginns der Weimarer Nationalversammlung, die bis August 1919 in der Klassikerstadt konferierte und am 31. Juli 1919 die Weimarer Reichsverfassung (WRV) verabschiedete. Es handelte sich um die „demokratischste Verfassung der Welt“, teilt das Stadtmuseum in seiner Homepage mit. Darin wird Weimar als Geburtsort der Weimarer Republik neben der Wartburg (1817), dem Hambacher Schloß (1832), der Frankfurter Paulskirche (1848/49) und Leipzig (1989) als einer der herausragenden Orte deutscher Demokratiegeschichte genannt. In diesem Zusammenhang forderte Oberbürgermeister Stefan Wolf den Bund zu wesentlich mehr Engagement für Weimar auf. Er wies daraufhin, dass damals die schwarz-rot-goldene Fahne auf dem Deutschen Nationaltheater Weimar erstmals als nationales Symbol des neuen demokratischen Deutschland wehte.

Die soeben gestartete historische Schau ist als Dauerausstellung konzipiert und soll fünf Jahre lang bis zum 100. Jubiläum der Zusammenkunft der Deutschen Nationalversammlung im Jahr 2019 zu sehen sein. Bereits vor fünf Jahren hatte das Stadtmuseum mit einem Projekt unter dem Titel „Weimar 1919 – Chancen einer Republik“ eindrucksvoll gezeigt, dass es damals einen durchaus chancenreichen Neubeginn der politischen und zum Teil auch der sozialen Verhältnisse in Deutschland nach dem Ende des Ersten Weltkriegs gegeben hat. In dem dazu herausgegeben Flyer hieß es: „Zumeist werden die zwanziger Jahre eindimensional als Vorgeschichte des ‚Dritten Reichs‘, also unter dem Aspekt des Scheiterns, betrachtet.“ Dieses einseitige und damit verzerrte Geschichtsbild über die Weimarer Republik wird bis in die heutigen Tage vermittelt. Deswegen staunen die „modernen“, vom US-amerikanischen Lebensstil beherrschten Deutschen, wenn die Entstehungsgeschichte und die Verabschiedung der Weimarer Reichsverfassung von ausländischen Rechtsexperten und Demokratieforschern als ein funkelnder Stern konstitutioneller Entwicklungen gelobt und gewürdigt wird. Verschiedenen Staaten in Lateinamerika diente die Verfassung von Weimar sogar als Muster und Blaupause für ihre juristischen Grundregeln der Demokratie. Zahlreiche Historiker hoffen deshalb, dass die bisher in der Öffentlichkeit systematisch unterbelichteten Positiva der Weimaerer Republik nunmehr endlich in das publizistische Rampenlicht gerückt werden. ++ (de/mgn/07.02.14 – 038)

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Eisenach/Weimar, 26. Oktober 2013 (ADN). Das politische Thüringen feierte am Wochenende auf der Wartburg bei Eisenach eine 2ojährige Landesverfassung, die im Hinterstübchen entstand und der demokratische Grundelemente fehlen. Das geben die Väter dieses Dokuments auch unumwunden zu. Warum zusätzlich nach der deutschen Wiedervereinigung das am Schreibtisch zusammengezimmerte Land Thüringen sich zum Freistaat erklärt hat, darüber haben sie keinen Schimmer. Keiner weiß, warum Thüringen ein „Freistaat“ ist. Darüber rätselt bis zum heutigen Tag selbst „Verfassungsvater“ Frieder Lippmann von der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD), der den allerersten Entwurf der thüringischen Verfassung zu Ostern 1991 in eine alte DDR-Schreibmaschine vom Typ „Erika“ getippt hatte. Der ehemalige Bergmann und Ingenieur hatte als Vorlagen das Grundgesetz und die Landesverfassung von Rheinland-Pfalz neben sich gelegt und aus den beiden Papieren die Verfassung für Thüringen komponiert. Wie er weiter in einem Gespräch mit der in Weimar herausgegebenen „Thüringischen Landeszeitung“ (TLZ) zugibt, habe er sich damals von der Identitätssuche leiten lassen. „Sie müssen sich vorstellen: Aus dem einen Staat waren wir noch nicht ganz raus und in dem anderen noch nicht richtig drin“. Ein klares juristisches Konzept lag dem Schaffensprozess um die neue Verfassung, an dem nur ein kleiner, ausschließlich aus den etablierten Parteien rekrutierter Kreis von Landtagsabgeordneten beteiligt war, nicht zugrunde. Einziges Handlungsprinzip sei gewesen, dass die Landesverfassung mit dem Grundgesetz kompatibel sein musste. Die dennoch zusätzlich hineingeschriebenen Staatsziele wie Umweltschutz, Wohnung und Arbeit seien jedoch nicht als Recht einklagbar.

Solchen Zufälligkeiten entsprang auch die Bezeichnung Freistaat. Das ist nicht auf unserem Mist gewachsen, erklärt Lippmann einer Journalistin. Die Christlich Demokratische Union (CDU) habe diese Idee von einer Parteitagung aus dem ostthüringischen Wurzbach mitgebracht. Dort habe es wohl Beratungshilfe aus Sachsen oder gar Bayern gegeben. Für ihn sei die „ganze Freistaat-Kiste so lustig wie überflüssig.“

Die Erklärungsversuche der Landtagspräsidentin Birgit Diezel (CDU) sind nicht weniger hilflos. In einem TLZ-Interview sagte sie: „In der Gründungsphase der Weimarer Republik verwendeten etliche der thüringischen Kleinstaaten diese Bezeichnung, um zu betonen, dass nunmehr alle Staatsgewalt vom Volke ausging und die Menschen das Staatsoberhaupt selbst bestimmen konnten.“ Damit schoss Diezel nicht nur ein verbales, sondern auch ein inhaltliches Eigentor, denn seit dem Bestehen des Konstrukts Thüringen im Jahr 1990 ist dort bislang noch kein Oberhaupt des Landes vom Volk der Thüringer direkt gewählt worden. Es waren immer nur die im Landtag vertretenen Parteien. Nach Meinung von Diezel ist der Name Freistaat dem Stolz der Thüringer auf ihre reiche Kulturlandschaft im Herzen Deutschlands geschuldet. Da diese von den Landespolitikern seit Jahren jedoch systematisch demontiert wird, indem den Kulturstätten immer mehr Finanzmittel entzogen werden, dürfte demzufolge der „Freistaat“ bald als Hohlkörper umzubenennen sein. Es ist höchste Zeit, den juristischen Nebel in Thüringen zu lichten und rechtliche Klarheit Einzug halten zu lassen. Die konstitutionelle Blamage, die man sich am Gründungsort der Weimarer Republik und der Geburtsstätte der Weimarer Reichsverfassung leistet, sollte möglichst bald beendet sein. ++ (gr/mgn/26.10.13 – 293)

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