Archive für Beiträge mit Schlagwort: Wartburgkreis

Tübingen/Eisenach, 27. April 2014 (ADN). Zu den großen Verdiensten des vor genau 250 Jahren in Tübingen geborenen Verlegers Johann Friederich Cotta gehört die Gründung einer Tageszeitung. Diese „Allgemeine Zeitung“ trug entscheidend dazu bei, den Deutschen ein neues freiheitliches Selbstbewusstsein zu vermitteln.  Um der scharfen Zensur der Behörden zu entgehen, musste der Erscheinungsort mehrfach verlegt werden.  Sein Einsatz für Pressefreiheit gehörte zu einer breiten Palette liberaler Grundüberzeugungen, die in viele gesellschaftliche und wirtschaftliche Sektoren hineinreichten. Der um- und weitsichtige Cotta befasste sich sogar mit besserem Saatgut, Schafzucht und der Dampfschiffahrt.  Der große Verleger, der die deutschen Klassiker von Goethe über Schiller und Hölderlin herausgab, setzte gar das erste Luxushotel der Welt in Baden-Baden ins Werk.  Sein Verlag wurde seinerzeit zum wohl größten Kommunikationszentrum der Aufklärung. Mit den aus dem Cotta-Verlag stammenden Büchern weckte und stillte er den Bildungshunger immer neuer Leserkreise in der deutschen Bevölkerung. Rund 40 Zeitschriften, Periodika, Almanache und Jahrbücher gehörten zum Verlagsprogramm.  Cotta war mit seiner universellen Tätigkeit maßgeblich daran beteiligt, das sogenannte deutsche Bildungsbürgertrum zu formen. Sein Ruhm vor allem als Verleger und Buchhändler reichte weit über die Grenzen der deutschen Kleinstaaten hinaus.

Allerdings sind Cottas Leistungen in der gegenwärtigen Kultur-, Bildungs- und Politiklandschaft nur noch lückenhaft oder gar nicht mehr präsent. Als bei der jüngsten Bundestagswahl im Wartburgkreis – also in einer Kernregion deutscher klassischer Kultur – ein freier, parteiloser und unabhängiger Einzelbewerber sein Programm und Kennwort nach Cotta benannte, kannte ihn nicht ein einziges Mitglied der Wahlkommission. ++ (ku/mgn/27.04.14 – 116)

http://www.adn1946.wordpress.com, e-mail: adn1946@gmail.com, Redaktion: Matthias Günkel (mgn)

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Bad Salzungen, 5. Februar 2014 (ADN). Der Thüringer Datenschutzbeauftragte Lutz Hasse erwartet von der Polizei Hilfe bei der Bergung und Sicherung einer Viertel Million vertraulicher Akten, die in einer stillgelegten Lagerhalle bei Immelborn (Wartburgkreis) gefunden worden sind. Darüber berichtete am Mittwochabend das Fernseh-Magazin „Exakt“ des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR). Der bissige und zugleich ironisch fragende Kommentar eines Zuschauers lautet: „Ist das die gleiche Polizei gegen deren Bildungszentrum nun – ebenfalls vom Thüringer Datenschutzbeauftragten Lutz Hasse – Strafantrag gestellt wurde ? Es wird also erhofft, dass die Polizei Daten schützt, während sie beim eigenen Bildungszentrum das Gegenteil bewiesen hat ? Der Datenschutzbeauftragte muss ein tiefgläubiger Mensch mit ’ner übergroßen Portion Gotvertrauen sein …“

Bei den in Immelborn gebunkerten Papieren handelt es sich um Patientenakten und Steuerunterlagen von Unternehmen. Das der Öffentlichkeit zugängliche und ungesicherte Lager wurde Mitte 2013 entdeckt und ist einer insolventen privaten Aufbewahrungsfirma zuzuordnen, deren Inhaber spurlos verschwunden war und nun von der Exakt-Redaktion in der Schweiz aufgespürt wurde.

Wenige Wochen später ereignete sich im Nachbarkreis Schmalkalden-Meiningen Ähnliches. Beobachter lenkten Hasses Aufmerksamkeit in dem Ort Wernshausen auf ein weiteres anonymes Aktenlager. Auch für den nur knapp zwei Dutzend Kilometer von Immelborn entfernten Platz erhofft sich der Datenschutzbeauftragte Beistand und Aufklärung von der Polizei. Hasse hat inzwischen eine bundesweite Initiative zur Sicherung sensibler Unterlagen ins Leben gerufen. ++ (si/mgn/05.02.14 – 036)

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Leipzig/Völkershausen(Rhön), 13. März 2013 (ADN). Es herrscht Friede in Kerneuropa. Um doch werden die Romvölker exotisiert und dämonisiert. Sie sollen die Ruhe nicht stören und die Ordnung nicht zersetzen. Das erklärte der Theaterkünstler Feridun Zaimoglu am Mittwoch bei der Verleugnung des Buchpreises zur Europäischen Verständigung an den Bielefelder Literaturwissenschaftler Klaus-Michael Bogdal bei der Eröffnungsveranstaltung der Leipziger Buchmesse. Nach den Worten von Zaimoglu tauchten vor sechshundert Jahren vor den Toren der Städte des Abendlandes unbekannte Fremde auf. In deutschen Gegenden Zigeuner genannt habe man sie zunächst zerredet, dann zerflescht. Darum handele es sich in Bogdals Buch „Europa erfindet die Zigeuner. Eine Geschichte von Faszination und Verachtung“.  Bogdal, der die Ehrung auch als ein Bekenntnis zu seinem Fach Germanistik verstanden wissen will,  habe damit die Geschichte der Legendenbildung zum Zwecke der Elimination verfasst. 

In seinen Dankesworten wies der Preisträger auf das Paradoxon hin, dass die Verachtung der euroäischen Romvölker und ihr Umgang mit ihnen wesentlich zu De-Zivilisierung der Gesellschaft beigetragen haben. „Dies nicht politisch zu deuten, hieße für mich, die universellen ethischen Werte demokratischer Gesellschaften zu relativieren und auf einen Beitrag der Geisteswissenschaften zur Gestaltung eines humaneren Lebens zu verzichten“, so der Bielefelder Professor.

Dass inzwischen selbst Teile der einheimischen Bevölkerung in den Strudel solcher Erniedrigungen, Diskriminierungen und Entrechtungen geraten sind, belegten die jüngsten Ereignisse um die Wahl eines neuen Oberbürgermeisters in Leipzig. Auf den besonders undemokratischen, bürokratisch schikanösen Umgang mit parteilosen Einzelbewerbern und Bürgern wies das neu gegründete zivilgesellschaftliche Bündnis „Fähnlein der Sieben Aufrechten“ (F7A) hin. Es hat an diesem Tag neben der bereits bestehenden Sektion in Leipzig eine zweite im Wartburgkreis in Südwestthüringen gebildet. Vor genau 24 Jahren waren in dieser Region durch ein von Menschenhand im Kalibergbau an der Werra ausgelöstes Erdbeben mit der Stärke von 5,8 auf der Richterskala nicht nur das Rhöndorf Völkershausen zerstört, sondern rund 40 weitere Siedlungen in Mitleidenschaft gezogen worden. Dieser sogenannte, auch auf Seismographen in Köln registrierte Gebirgsschlag, der im rund 250 Kilometer entfernten Leipzig das Universitätshochhaus ins Wanken brachte und im seinerzeitigen Mecure-Hotel die Kronleuchter in Bewegung setzte, erschütterte nicht nur die Erdkruste, sondern führte auch zu ersten sozialen Unruhen unter der DDR-Bevölkerung.++ (md/mgn/13.03.13 – 067)

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