Archive für Beiträge mit Schlagwort: Westdeutschland

Berlin, 20. Juni 2015 (ADN). „Über Entwurzelte wollen wir heute sprechen“. Mit diesem Satz eröffnete Bundespräsident Joachim Gauck am Sonnabend seine Ansprache zum ersten nationalen bundesweiten Gedenktag an die Opfer von Flucht und Vetreibung. Vertreibungen würden zunehmend als Unrecht anerkannt. Er ging dabei auf politische Entwicklungen in der Slowakei, Ungarn, Rumänien und Polen ein. Zudem nannte er die Zahl von fast vier Millionen Flüchtlingen aus der DDR, die im Laufe der Jahrzehnte in Westdeutschland aufgenommen worden sind.  Völlig unerwähnt lässt er jedoch diejenigen Menschen, die seit der deutschen Wiedervereinigung innerhalb des Landes unter der Bezeichnung „Gentrifizierung“ und dem harmlosen Begriff demographischer Wandel ihre angestammten Heimatorte verlassen mussten – beispielsweise, um einen Arbeitsplatz andernorts zu ergattern – oder von Immmoblienspekulanten aufgrund prekärer Lebensverhältnisse aus ihren Wohnungen vertrieben worden sind. Allein Berlin verzeichnet jährlich rund 7.000 Zwangsräumungen. Sie zählen zur Kategorie der Binnenflüchtlinge, von denen es laut der Organisation „Terre des Hommes“ weltweit Ende 2013 rund 33, 3 Millkionen gab. Sie werden allerdings laut UN-Flüchtlingskonvention nicht als Flüchtlinge und Vertriebene anerkannt, weil sie keine internationalen Grenzen überqueren. ++ (vk/mgn/20.06.15 – 130)

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Berlin, 23. Januar 2014 (ADN). Waren im Wert von rund 200 Millionen DM wurden jährlich in Gefängnissen der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) für westdeutsche Unternehmen hergestellt und in die Bundesrepublik Deutschland (BRD) geliefert. Das geht aus einem Ende dieses Monats erscheinenden Buch des Historikers Tobias Wunschik hervor. Wurden die Produkte aus den DDR-Knästen meist als Schnäppchen in den großen Kaufhäusern von Aldi, Kaufhof oder Hertie angeboten, so kamen auch hochwertige Industriegüter aus den Werkstätten hinter ostdeutschen Gittern. Wunschik nennt Mähdrescher, Elektromotoren und Kupferdraht Im Frauengefängnis Hoheneck waren es 100 Millionen Damenstrumpfhosen und im Zuchthaus Cottbus insgesamt 200.000 Fotoapparate. Bei deren Verpackung für den Versand in den Westen versuchten die Häftlinge Kassiber mit Nachrichten, Appellen und Notrufen zwischen die Pappdeckel zu schmuggeln. Solche vom Wachpersonal „Hetzzettel“ genannte Botschaften wurden im März 1980 entdeckt, was zu enormen Zusatzsicherheitsmaßnahmen führte. Zivilkräfte mussten 14.000 Kartons mit Fotoapparaten wieder öffnen und auf solche versteckten Nachrichten durchsuchen. Gefunden wurden schließlich 19 „Hetzzettel“. Beteiligt waren acht Gefangene. Die Häftlingsarbeit war natürlich für beide Seiten lukrativ, weil im Gefängnis besonders geringe, eigentlich nur symbolische Löhne gezahlt wurden.

Nach den Worten von Wunschik vor wenigen Tagen in der Fernsehsendung „Report Mainz“ gab es viele westdeutscvhe Unternehmen, die „dick im DDR-Geschäft“ waren. „Die DDR war aus unternehmerischer Sicht ein Billiglohnland. Noch dazu geographisch nah und ohne Sprachhürden zu bespielen. Mehrere hundert Westfirmen waren im Ost-West-Handel aktiv“, so der beim Bundesbeauftragten der Stasi-Unterlagenbehörde tätige Forscher. Sein Chef, Roland Jahn, äußerte den Wunsch, dass die westlichen Firmen mehr zur Aufklärung beitragen, ihre Archive öffnen und die Wissenschaft finanziell unterstützen sollten. Es klingt fast genauso wie vor Jahrzehnten, als die bundesdeutschen Unternehmen zur Transparenz über die Zwangsarbeit im Dritten Reich aufgerufen und Entschädigungsappelle herausgegeben wurden.

Bis in die Gegenwart hat sich nicht viel geändert. Vor drei Monaten erläuterte die „Frankfurter Rundschau“ unter der Überschrift „Lohnlücke zwischen Ost und West bleibt“, dass der Gehaltsunterschied auf unabsehbar lange Zeit zementiert sein wird. Im Jahr 2012 verdiente ein Vollzeitbeschäftiger in Westdeutschland pro Monat 3.900 Euro erhalten und sein ostdeutsches Pendant nur 2.820 Euro. ++ (mr/mgn/23.01.14 – 023)

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Berlin, 7. Oktober 2013 (ADN). Noch immer sitzen Westdeutsche an den Hebeln der Macht auf dem Territorium der vor 23 Jahren verblichenen Deutschen Demokratischen Republik (DDR). Das stellte kürzlich die „Berliner Zeitung“ anlässlich des als Nationalfeierag von Helmut Kohl verordneten 3. Oktober fest. Sie bezieht sich auf eine Recherche der Wochenzeitung „Die Zeit“, derzufolge nach fast einem Vierteljahrhundert drei Viertel aller Abteilungsleiter aus den Ost-Landesministerien aus dem Westen kommen. In sämtlichen Bundesgerichten trügen ausnahmslos Westdeutsche Verantwortung. Ein ähnliches Bild gäben die 88 Hochschulen und Universitäten im Osten ab. Nur fünf würden von Ostdeutschen geleitet.

Gleiches prägt die politische Spitzenlandschaft. In Sachsen-Anhalt beispielsweise sind fünf Minister aus den alten Bundesländern, nur vier aus den neuen. Sogar viele Bundestagsmandate für ostdeutsche Wahlkreise werden von Westlern wahrgenommen. So sind sieben von 20 Bundestagsabgeordneten des Bundeslandes Brandenburg in Westdeutschland geboren. Um das Mandat des ausgeschiedenen Ost-Abgeordneten Wolfgang Thierse in Berlin-Pankow bewarben sich vier Westler. Die „Berliner Zeitung“ interpretiert dieses Phänomen: „Und wenn sich in Pankow ausnahmslos Westsozialdemokraten um Thierses Nachfolge bewarben, dann ist dies mindestens ebenso sehr ein Hinweis auf die Abstinenz der Ostdeutschen wie auf den Machtanspruch der Westdeutschen.“ Dieser Trend werde durch die von Forschern bestätigte Entwicklung verstärkt, dass Eliten dazu neigen, sich zu reproduzieren und den Nachwuchs aus dem eigenen sozialen Milieu zu holen.
Auch die Eigentumsverhältnisse in der Wirtschaft und im Immobilienbereich nehmen diesen Kurs. Das geschieht ebenso wenig zufällig, sondern wird systematisch betrieben. Insofern erfüllt sich die Weissagung eines Gregor Gysi vor mehr als zwei Jahrzehnten Schritt für Schritt in gespenstischer Gewähr. Mit lakonischem Unterton behauptete er damals, die Einheit Deutschlands sei erst vollendet, wenn kein Ostdeutscher mehr in den Grundbüchern der neuen Bundesländer zu finden ist. Das Ziel ist bald erreicht und das Gros der Ostdeutschen, denen vor 23 Jahren ganz nebenbei auch der Nationalfeiertag 7. Oktober abhanden gekommen ist, steht demnächst völlig entmachtet und mittellos da. ++ (pl/mgn/07.10.13 – 274)

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New York/Berlin/Bonn, 18. September 2013 (ADN). Vor genau vierig Jahren stellte der Generalsekretär der Vereinten Nationen UNO), Kurt Waldheim, die Aufnahme der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) und der Bundesrepublik Deutschland (BRD) vor der Generalversammlung zur Abstimmung. Zu dem historischen Tag waren DDR-Außenminister Otto Winzer und BDR-Außenminister Walter Scheel mit Delegationen nach New York gekommen.
Wie so oft gab es bis zu den letzten Momenten Streitgkeiten, die zu schlichten waren. Es ging zunächst um die Vergabe der Startnummern 133 und 134. Nach dem Alphabet in englischer Sprache wäre die 133 der BRD zugefallen und die 134 der DDR. Das Gegenteil trat ein, denn die Repräsentanten der DDR bestanden auf einer Einordnung nach französischem Sprachmuster. Die „lingua diplomatica“ obsiegte. Die DDR wurde das 133. Neumitglied und die BRD das 134. Neumitglied. So legte es die Protokollabteilung der Vereinten Nationen fest.

Als weitere und letzte Barriere für den jeweils anderen deutschen Teilstaat gebärdeten sich die Schon-Mitglieder Israel und Guinea. Israel wollte der DDR seine Zustimmung verweigern, weil die Ostdeutschen keine Ausgleichsleistungen an Tel Aviv für das nationalsozialistische Unrecht gegenüber den Juden gezahlt hatte. Guinea war gegen die Aufnahme der BRD, weil Westdeutschland sich nicht gegen die Kolonialherrschaft der europäischen Mächte in Afrika positionierte.

Letztlich wurden beide deutschen Staaten per Akklamation aufgenommen, da die Zwei-Drittel-Mehrheit aller UNO-Mitgliedsstaaten vorlag. Von diesem Augenblick an erlosch die sogenannte Hallstein-Doktrin. Mit deren Hilfe hatte die Bonner Regierung den Alleinvertretungsanspruch des westdeutschen Teilstaates mittels politischer und wirtschaftlicher Blockaden durchsetzen wollen. Außerdem sollte die DDR außenpolitisch isoliert werden. ++ (vk/mgn/18.09.13 – 256)

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Wiesbaden, 17. Dezember 2012 (ADN). Die Bundesrepublik Deutschland (BRD) ist eines der Länder Europas mit dem niedrigsten Geburtenniveau. Dieser Zustand hält schon sehr lange an. Das geht aus einer Broschüre hervor, die das Bundesinstitut für Bevölkerungsfprschung (BIB) jetzt veröffentlicht hat. Besonders hoch sei der Anteil kinderloser Frauen verglichen mit anderen Ländern. Höchste Werte des sogenannten Fertilitätsniveaus erreichen beispielsweise Island (2,20), Irland (2,07), die Türkei (2,04) und Frankreich (2,01). Schlusslichter sind Lettland (1,17), Bosnien-Hezegowina (1,20), Andorra (1,22) und Ungarn (1,25). Deutschlands Wert liegt bei etwa 1,40. Das ist die elftniedrigaste Quote.  Aus historischer Sicht sank damit die Zahl der Geburten pro Frau in Deutschland enorm. Im Jahr 1870 gebar eine Frau durchschnittlich fast fünf Kinder.

Die 55seitige Broschüre behandelt schwerpunktmäßig die enormen Differenzen zwischen Ost- und Westdeutschland. „Tendenziell haben die Frauen im Osten sogar mehr Kinder geboren als die im Westen,“ heißt es in dem Bericht im Kapitel zu den Effekten der Familienpolitik in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR). Auffällig sei, dass der rückläufige Trend der endgültigen Kinderzahlen in den Geburtsjahrgängen 1950 bis 1960 in der DDR unterbrochen war. Das seien die Geburtsjahrgänge, die infolge der kostenlosen Verfügbarkeit von Antikonzeptiva und der Möglichkeit des Schwangerschaftsabbruchs zunächst ihre Kinderzahlen begrenzt haben. In der Periodenbetrachtung werde dies in der ersten Hälfte der 1970er Jahre zunächst als Geburtentief und danach als Wiederanstieg dokumentiert. Insgesamt betrachtet waren danach die endgültigen Kinderzahlen der ostdeutschen Frauen zwischen 0.15 und 0,25 höher als die der westdeutschen Frauen.

Der Präsident des Deutschen Kinderschutzbundes, Heinz Hilger, zeigte sich angesichts der Veröffentlichung unter dem Titel „(Keine) Lust auf Kinder ?“ alarmiert und bestürzt. Es mangele an Bewusstsein und der festen Überzeugung, „dass Kinder wirkliches Glück ins Haus bringen“.  Den Beweis dafür liefert das BIB mit der Feststellung, dass nicht einmal die Hälfte (45 Prozent) der kinderlosen Deutschen zwischen 18 und 50 Jahren glaubt, Lebensfreude und Zufriedenheit verbessern zu können, wenn sie ungeachtet der Umstände in den nächsten drei Jahren ein Kind bekämen. In Frankreich gebe es da eine „völlig andere Mentalität“. ++ (so/mgn/17.12.12 – 357)

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