Archive für Beiträge mit Schlagwort: Zeitungen

Leipzig, 5. November 2014 (ADN). „Die Verfassungen der Länder sind in den vergangenen Jahren unterschiedlich häufig und in unterschiedlicher Reichweite verändert worden.“ Das sagte der Politikwissenschaftler Werner Reutter von der Universität Leipzig. Während in Sachsen seit Anfang 1992 nur einmal die Verfassung geändert wurde, geschah dies in Berlin 43 Mal und in Rheinland-Pfalz 37 Mal, allerdings seit 1950 bzw. 1947.  Grund für die Unterschiede seien u. a. die politischen Verhältnisse. In Brandenburg seien von Beginn an viele Staatsziele wie zum Tier- und Umweltschutz und soziale Grundrechte wie das Recht auf eine Wohnung in die Verfassung aufgenommen worden. Jedoch begründen alle diese Klauseln nach Aussage von Reutter keinen einklagbaren Rechtsanspruch, sondern sind eher als politische Bekenntnisse zu betrachten. Deswegen sähen Staatsrechtler diese Thematik auch als sehr kritisch.

Im Rahmen seines Projekts, das zunächst bis März 2016 läuft, will Reutter u. a. die Verfassungen Bayerns, Baden-Württembergs und des Saarlandes untersuchen. Für seine Analysen wertet der Politikwissenschaftler beispielsweise Gespräche mit Landtagsabgeordneten und Zeitungsdokumente aus.  ++ (dk/mgn/05.11.14 – 308)

http://www.adn1946.wordpress.com, e-mail: adn1946@gmail.com, Redaktion: Matthias Günkel (mgn), adn-nachrichtenagentur, SMAD-Lizenz-Nr. 101 v. 10.10.46

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Madrid, 30. Oktober 2014 (ADN). Mehr als 50 spanische Kommunal- und Regionalpolitiker wurden landesweit zu Beginn dieser Woche von der Guardia Civil verhaftet. Grund der Festnahme sind Bestechungsvorwürfe bei der Auftragsvergabe durch die Stadt- und Gemeindeverwaltungen. Als derzeit ganz besonders heißes Pflaster der Korruption hat sich die 70.000 Einwohner zählende südlich von Madrid gelegene Stadt Valderemo erwiesen. Dort stehen an der Spitze des Kreises der Festgenommenen der ehemalige Bürgermeister Francisco Granados, sein Amtsnachfolger und ein Bauunternehmer. Die Schwester des Firmenchefs arbeitete als Beamtin ausgerechnet in dem städtischen Ausschuss, der die Auftragsvergabe überwacht.  

Das Wachstum des Korruptions-Krebses wurde zusätzlich begünstigt. Politikwissenschaftler Fernando Vallespin beschreibt im Deutschlandfunk Einzelheiten des skandalträchtigen Wuchersystems: „Mit dem Wirtschaftswachstum haben wir Bürger die Parteien nicht mehr überwacht. Außerdem haben wir Spanier uns noch nie sehr für Politik interessiert. Und die Presse hat ihre Wächterfunktion auch nicht mehr richtig erfüllt. Jede Zeitung hat sich nur noch um die Korruptionsfälle der Partei gekümmert, der sie nicht nahe steht.“ Inzwischen sei das Lagerdenken überholt. Fast alle Parteien, die Gewerkschaften und sogar das Königshaus zieren mit Skandalen, schwarzen Konten und Bestechlichkeit die Schlagzeilen. Dennoch ist Vallespin skeptisch, ob die Glaubwürdigkeit der sozialen Eliten wiedergewinnbar ist. Die nunmehr betriebene verstärkte Bekämpfung der Korruption schüre das Misstrauen trotzdem. Die Leute fragen sich jetzt, so Vallespin, warum sie überhaupt noch Steuern zahlen sollen, wenn die Politiker so unverschämt aus ihren Posten profitieren und in die eigene Tasche wirtschaften. Aus Sicht der Bevölkerung passiere immer das Gleiche – egal, ob es sich um die Korruption des Pujol-Clans in Katalonien, die schwarzen Kreditkarten der Sparkasse Madrid oder andere Skandalgeschichten handelt. Gleichgültig sei auch, welche Partei verwickelt ist. ++ (kr/mgn/30.10.14 – 302)

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Den Haag/Berlin, 9. September 2014 (ADN).Die deutsche Bundesregierung verweigert eine Aussage zu den Hintergründen über den Abschuss von Flug MH17, obwohl ihr der Inhalt der Funksprüche bekannt ist. Darüber berichten die Deutschen Wirtschafts Nachrichten in einem am Dienstag aktualisierten Beitrag zu der ominösen Luftfahrtkatastrophe über dem hart umkämpften Gebiet in der Ukraine vor wenigen Monaten. In diesem Zusammenhang wird eine Phillippika des Unterhaltungskünstlers Konstantin Wecker, die er auf seiner Facebook-Seite publiziert hat. Daraus geht beißende Kritik und Empörung an der Verlogenheit und Ignoranz der westlichen Medienmaschinerie gegen Russland hervor. “ Ich habe in den letzten fast sechs Jahrzehnten, in denen ich mich bewusst mit Nachrichten und Zeitungen beschäftige, nicht annähernd eine derartige Propagandaschlacht erlebt. Es erschreckt mich, wenn ich sehe, wie manche Leitmedien mit zum Teil sehr klugen Leserkommentaren überschüttet werden und sich penetrant weigern, ihre Leser ernst zu nehmen.“ Die Leser seien zu einem Teil sehr gebildeter als die Reporter. Aber in diesem Fall solle wohl auch nur der gesunde Menschenverstand aberzogen werden. Wecker bekennt: „Man beschimpft mich Putinversteher ? Ja, gerne, das bin ich.“

Der Künstler zitiert neben Karl Kraus auch Egon Bahr, den die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) offenbar vergessen habe: „In der internationalen Politik geht es nie um Demokratie oder Menschenrechte. Es geht um Interessen von Staaten. Merken Sie sich das, egal was man Ihnen im Geschichtsunterricht erzählt.“++ (vk/mgn/09.09.14 – 252)

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Leipzig/Berlin, 4. Februar 2013 (ADN). Das Jahr 2013 ist das Jubiläumsjahr, in dem die älteste Gewerkschaftszeitung der Welt ihr 150. Gründungajahr feiert. Damals hieß das Periodikum „Der Correspondent – Wochenschrift für Deutschlands Buchdrucker und Schriftgießer“ und wurde in Leipzig herausgegeben. Nach der Fertigstellung des Verbandshauses in Berlin zogen die Redaktion und Druckerei der Branchenzeitung in die damalige Reichshauptstadt um.  Von den Nazis 1933 aufgelöst erschien die Zeitung im Jahr 1949 unter dem Namen „Druck und Papier“ als Zentralorgan der neu gegründeten gleichnamigen Industriegewerkschaft. Sie gehört seit 2001 zum Gewerkschaftsverbund ver.di.

Zum Jubiläum wird im Berliner Buchdruckerhaus in der Tempelhofer Dudenstraße 10 eine Ausstellung mit Exponaten aus 150 Jahren gezeigt. Zudem erscheint im Herbst dieses Jahres ein repräsentatives Geschichtsbuch mit 22 Biographien von Chef- und verantwortlichen Redakteuren des „Correspondent“ und von „Druck und Papier“.-

Trotz des erfreulichen Jubiläums lässt sich über die weiter schwelende Krise der Printpresse nicht hinwegtäuschen. In der medienpolitischen ver.di-Zeitschrift „MMM“ ist der Beitrag des Zukunftsforschers Sven Gabor Janszky mit „Das Zeitungssterben beginnt erst !“ überschrieben. Die bislang etablierten Geschäftsmodelle von Tageszeitungsverlagen im Massenmarkt seien vorbei. In zehn Jahren werde es nur noch einen verschwindend kleinen Premiummarkt von teuren Wochen- und Monatszeitungen geben. Diese Trends seien seit 2004 klar absehbar.  Janszy zeigt sich verwundert, dass die Branchen-Kenner sich über diesen Niedergang überrascht zeigen. Mit der Ignoranz der Zukunftsstudien könne er noch leben.  Wirklich ärgerlich seien die Erklärungen der Chefredakteure und Verlagsleitungen, die dem veränderten Leseverhalten, dem bösen Internet  und den entpolitisierten Lesern die Schuld geben. Der wirkliche Grund des Zeitungssterbens seien das Missmanagement der Verlagsleitungen und auch die Arbeitnehmervertretungen. Es gebe in der Verlagslandschaft eine große Koalition der Komfortzonen-Sitzer und Pfründe-Wahrer.  ++ (md/mgn/04.02.13 – 030)

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Leipzig, 13. Dezember 2012 (ADN). Fast zwei Dutzend Jahre nach der politischen Zeitenwende in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR)  ist das Bild der Ostdeutschen in den überregionalen Zeitungen zumeist negativ geprägt.  Diesen Schluss zieht ein Forscherteam der Universität Leipzig unter der Leitung von Politikprofessorin Rebecca Pates. Wie die Hochschule am Donnerstag mitteilte, haben die Wissenschaftler vier Jahre lang die mediale Darstellung der Ostdeutschen analysiert, um zu diesem Ergebnis zu kommen. Die Erkenntnisse haben Eingang in ein Buch gefunden, das unter dem Titel „Der ‚Ossi‘. Mikropolitische Studien über einen symbolischen Ausländer“ nunmehr im Handel ist. 

Zu der Untersuchung wurden vorwiegend renommierte überregionale Zeitungen und Magazine aus den Jahren 2001 bis 2005 herangezogen. Nach der Studie sind die Ostdeutschen ihren westdeutschen Pendents in nahezu allen Bereichen unterlegen. Der Ostdeutsche verkrafte zwar Umbrüche gut, sei jedoch ansonsten nicht zeitgemäß und häufig von strukturellen Problemen betroffen.  Allerdings komme er als Hartz-IV-Empfänger mit seiner Situation gut klar und verkörpere somit ein Vorbild für den „nmormalen“ Deutschen.  Nach den Worten der britischen Politologin ist der „Ossi“ damit eine ausgegrenzte Gruppe im eigenen Land.

Die untersuchten Medien hätten häufig über Ostsachsen geschrieben, wo rechtsgerichtete Parteien besonders oft gewählt werden. Unbeachtet blieb dabei, dass in Teilen Hessens und in Ostbayern das Wahlverhalten nicht anders ist. Jedoch werde das nicht in den Blickpunkt gerückt. „Der Rechtsradikalismus wird beispielsweise als ostdeutsches Erziehungsproblem dargestellt“, erklärte Pates. Desweiteren würden Frauen in Ostdeutschland in der Presse als „gebärstreikend“ beschrieben, obwohl nach den Statistiken ostdeutsche Frauen in Wirklichkeit mehr Kinder bekommen als ihre westdeutschen Geschlechtsgenossinnen.  ++ (pl/mgn/13.12.12 – 353)

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Washington, 5. November 2012 (ADN).  Der Sänger Bruce Springsteen springt USA-Präsident Barack Obama im letzten Moment des Wahlkampfs energisch zur Seite. Auf seiner Homepage bekundet er zu Wochenbeginn – einenTag vor dem Wahlauftakt – seine Sympathie für Amerika, für den Bundesstaat Wisconsin und für Präsident Obama. Dessen Wiederwahl wünsche er sich. Obama sei weiterhin der Mann der Hoffnung und des Wechsels.

Der Beistand dieses Prominenten aus der Kunstszene könnte zum Zünglein an der Waage werden, um dem ersten farbigen Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika zur Wiederwahl in eine zweite Amtszeit zu verhelfen. Bekannte Persönlichkeiten oder sogar Berühmtheiten – aus welcher Szene auch immer – beeinflussen Präsidentschaftswahlen in Nordamerika zunehmend.

Dagegen sinkt die Erheblichkeit der Für- oder Gegensprache von Seiten der in vergangenen Epochen außerordentlich meinungsbildenden Printmedien spürbar. Solches Pro und Contra wird sogar nach Ansicht von Medienwissenschaftlern geradezu marginalisiert, weil sich die Nachrichtenvermittlung der Zeitungen im Sturzflug befindet. Als Beweis führen sie nackte und eindeutige Zahlen an: Die US-Bürger beziehen inzwischen 50 Prozent der Informationen und Neuigkeiten aus dem Fernsehen, 40 Prozent aus den Online-Medien und 30 Prozent aus dem Rundfunk. Mit 29 Prozent rangieren die Printmedien auf dem letzten Platz. Aus dieser Rangfolge lässt sich auch das Gewicht von Wahlempfehlungen assoziieren.  Begünstigt wird diese Tendenz dadurch, dass Zeitungen in der Vergangenheit häufig in ihren Wahlaussagen wankelmütig wirkten oder der Wählerschaft gar unverständlich entgegentraten.

Ganz anders dagegen wirkt Prominenz. Die persönliche Ausstrahlung und das Verhalten der Betreffenden in Vergangenheit und Gegenwart entfaltet eine viel stärkere Bindewirkung. Aussagen ehemaliger Präsidenten, Minister oder Generäle wie Jimmy Carter, Bill Clinton und Colin Powell wird viel aufmerksamer gelauscht als anonymen Einschätzungen von Zeitungsredaktionen. Ähnliches gilt für Bürgermeister, Schauspieler und Sänger, deren Popularität Höchstwerte erreicht. Auch populäre Fernsehmoderatoren, Schriftsteller, Sportler und Nobelpereisträger finden diesbezüglich große Beachtung. Springsteens Schluss-Sprung zugunsten Obamas könnte also entscheidend für das große, gegenwärtig über neun Zeitzonen hinweg laufende Wahlspektakel sein. ++  (dk/mgn/05.11.12 – 215)

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Berlin/Leipzig, 27. Juli 2012 (ADN). Vor dem Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages treten die bundesdeutschen Sicherheitseliten auf und geben ein armseliges Bild ab. Ihre Gleichgültigkeit gegenüber dem Rechtsextremismus hinterlässt einen Schock. Den anderen Schock verursachen die leeren Zuschauerränge. Das schreibt in dieser Woche die Publizistin Mely Kiyak in einem Rundfunkkommentar.

Die Absolventin des Deutschen Literaturinstituts Leipzig, die regelmäßig als Beobachterin an den Sitzungen des im Januar dieses Jahres eineberufenen Gremiums  teilnimmt und die detailgenaue Analysearbeit zu der ungeheuren, über rund ein Jahrzehnt dauernden NSU-Mordserie verfolgt, kommt zu der Schlussfolgerung: „Der viel gerühmte Rechtsstaat mit seinen Ermittlungs- und Sicherheitsbehörden ist in einem beschämenden Zustand. Das trifft leider auch auf unsere Medien zu“.  Selten sei die Besuchertribüne voll und  Medienvertreter nur kurz bei der Vernahme der Präsidenten des Bundeskriminalamtes und des Bundesamtes für Verfassungsschutz zu sichten gewesen. Dass danach weitere Zeugen auftraten und was sie aussagten, blieb nach den Worten von Kiyak nahezu unbekannt. „Es vergingen Wochen, in denen nirgends über den konkreten Inhalt der Zeugenvernehmungen berichtet wurde. Wenn eine Zeitung keine Reporter hinschickt, ist sie auf Agenturjournalismus angewiesen. Deshalb sind Hunderte Medienartikel wortgleich“, kritisiert die 36jährige Berlinerin. Dutzende überregionale Qualitätsmedien bedienten sich der Instant-Berichterstattung zu nennenden Methode. Sie bestehe darin, dass Schreibtischredakteure Fremdbotschaften wie Agenturmeldungen oder Pressemitteilungen des Parlaments zu Leitartikeln, Kommentaren und Analysen umschreiben.

Angesichts des Desinteresses und der Teilnahmslosigkeit der Main-Stream-Medien erhebe sich die Frage, ob es wirklich so unerheblich und unwichtig sei, sich mit gewaltbereiten Rechtsextremisten und den Arbeitsweisen der Sicherheitsbehörden zu beschäftigen. „Stell Dir vor, es geht um Demokratie, Freiheit und Sicherheit – und die Journalisten ziehen es vor, nicht hinzugehen !“ lautet ihr berechtigter Zweifel am  geistigen Grund-Zustand nicht nur der Zeitgenossen in den Medien, sondern der ganzen Gesellschaft. Am Ende solcher besorgnisserregenden Überlegungen könnte der Verdacht, dass hier generell Sabotage an lauterer Wahrheit und kompromissloser Aufklärung betrieben wird, zur Gewissheit werden. ++ (md/mgn/27.07.12 – 215)

Mexiko-City/Kairo/Berlin, 3. Mai 2012 (ADN). Drei Pressefotografen wurden am heutigen Internationalen Tag der Pressefreiheit in Mexiko tot aufgefunden . Die Ermordeten trugen Folterspuren. Sie waren der Korruption und dem organisierten Verbrechen auf lokaler Ebene in ihrem Land auf den Fersen. Für lateinamerikanische Verhältnisse ist diese brutale Methode nichts Ungewöhnliches.

In Afrika gab es jüngst in der Presselandschaft insbesondere im Norden und den arabischen Ländern elementare Bewegungen. Tunesien hat ein neues Mediengesetz, das vor Repressalien schützen und die Pressefreiheit befördern soll. In Lybien sind Zeitungen wie Pilze aus den Boden geschossen. Allein in Bengasi, wo seinerzeit die Erhebungen gegen Gaddafi begonnen hatten, wurden 180 neue Blätter gegründet. Das berichtet ARD-Korrespondent Björn Blaschke. In Ägypten befinde man sich gerade in einer Phase, in der alte Kräfte eine Restaurations-Etappe einzuleiten versuchen. Dazu gehöre es, dass gegen Journalisten vorgegangen wird. Mit welchen Methoden lässt er offen.

Die Methoden, kritischen Journalismus in Europa zu unterdrücken oder zumindest zu marginalisieren, sind besonders diabolisch. Journalisten werden  einfach eingekauft. Probates Mittel dazu sind beispielsweise Presserabatte. Sie sind in der Bundesrepublik Deutschland besonders verbreitet. Einer Untersuchung zufolge nutzen drei Viertel der Journalisten solche Vergünstigungen. So wird die Internet-Seite Pressekonditionen.de, die bis zu 1.700 solcher Preisabschläge enthält, wird pro Monat 60.000 Mal aufgerufen. Außerdem lassen sich Journalisten zu allen nur denkbaren Annehmlichkeiten einladen.  Ob zur Reise nach Mallorca, zur halbjährigen Gratis-Nutzung eines Autos oder zum kostenfreien Flug mit einer Fluglinie. Das sind sanfte und stille, jedoch sehr wirksame Methoden, um kritische Berichterstattung zu verhindern. Es entstehen unter dem Deckmantel der Objektivität und Unabhängigkeit Schönwetterberichte. Nach dem Prinzip „Wes Brot ich ess‘, des Lied ich sing“ kommen Lobgesänge auf Firmen, Produkte und Dienstleistungen in Massen zustande, die dann die wenigen realistischen und unverzerrten Berichte in den Schatten stellen. Diese Seuche hat inzwischen fast den gesamten deutschen Journalismus erfasst. Besonders infiziert sind der Reise,- Auto- und Medizinjournalismus.

Eine Gegenbewegung ist in Gestalt des Vereins Netzwerk Recherche (NR) vor zehn Jahren entstanden. Dort tummeln sich inzwischen mehr als 500 Medienvertreter. Dennoch ist es ein sehr, sehr geringer Anteil. Besonders deprimierend ist, dass in den sogenannten neuen Bundesländern zu NR nur ein rund ein Dutzend Mitglieder gehören. Darauf verweist NR-Vorstandasmitglied Markus Frenzel vom Mitteldeutschen Rundfunk (MDR). Sein Vorstandskollege Kuno Haberbusch vom Nordeutschen Rundfunk (NDR) gibt zu, dass der Bazillus Presserabatt auch im Netzwerk Recherche sein Unwesen treibt. Inzwischen gebe es erfreulicherweise einen Trend zur Sensibilisierung, denn letztlich handelt es sich dabei um Selbstzensur aufgrund wirtschaftlicher Vorteilsnahme.

Es gibt auch andere Phänomene der Einschränkung von Pressefreiheit. Ein Beispiel bietet die Medienstadt Leipzig, in der es vor dem Zusammenbruch der DDR vier regionale Tageszeitungen gab. Nach der Wende erschienen rund zwei Dutzend Zeitungen. Inzwischen ist diese Vielfalt auf die Einfalt einer einzigen Tageszeitung geschrumpft. Wer sich diesem Trend entgegenstemmt, wird allseitig und umfassend blockiert. Dem Initiator eines neuen kritischen Stadtmagazins wurden die Telekommunikationsverbindungen gekappt, das Bankkonto gesperrt und andere Repressalien auferlegt. Letztlich fehlen ihm substantielle Arbeitsgrundlagen und er lebt derzeit von Hartz IV.

Pressefreiheit und Meinungsvielfalt sind also nicht nur in Entwicklungsländern gefährdet, beeinträchtigt und blockiert. Insofern sagt das Ergebnis einer Studie der Organisation Freedom House nur einen Teil der Wahrheit. Danach leben nur 15 Prozent der Weltbevölkerung in Staaten mit freier Presse. ++ (md/mgn/03.05.12 – 131)