Archive für Beiträge mit Schlagwort: Humane Wirtschaft

Wuppertal, 20. Januar 2015 (ADN). Europa im Jahr 2215. Die Prognose beginnt mit einem halben Dutzend Fragen, die Andreas Bangemann in der Januarausgabe der Monatszeitschrift „Humane Wirtschaft“ stellt. Zwei davon sind „Wo verlaufen seine Ländergrenzen ?“ und „Wird es noch Kriege geben ?“. Seien diese Rätsel nicht annähernd zu beantworten, so habe man wohl sicher damit zu rechnen, dass in 200 Jahren das Klima dramatisch anders ist und sich die Lebensbedingungen für alle Lebewesen völlig gewandelt haben werden. Um das zu ermessen, hält der Autor einen ebenso langen Zeitabschnitt Rückschau. „1815, vor 200 Jahren, wurde der Deutsche Bund gegründet. Ein Staatenbund mit 38 Großherzogtümern, Königreichen und Stadtstaaten. Seine Grenzen veränderten sich ständig. Kaum ein Deutscher wusste, wo sich gerade die Schlagbäume befanden.“ Ein schwäbischer Dorflehrer aus dem Königreich Württemberg namens Gottlieb Biedermeier habe damals so viel Einfluss auf die Kunst ausgeübt, dass eine ganze Epoche nach ihm benannt wurde. Sie war geprägt durch die Sehnsucht nach der guten alten Zeit. Wären damals die „Biedermeier“ in der Überzahl gewesen, hätte es keine grundlegenden Veränderungen gegeben.

Nach den Worten von Bangemann besteht Gewissheit, dass sich in den nächsten 200 Jahren vieles auf unvorstellbare Weise verändert. Das Leben der Menschen sei auf Gedeih und Verderb mit der Fähigkeit verknüpft, mit Veränderungen umzugehen und sie zu gestalten. Regierungen zu jedweder Zeit, 1815 wie 2015, tun alles in ihrer Macht stehende, damit sich nichts verändert. Das Netz der Interessen von politischer mit materieller Herrschaftsgewalt sei eng geknüpft. „Die um Bewahrung bemühten Interessenvertreter machen sich ein System zunutze, dass die Schaffung künstlicher Monopole zulässt, mit denen alle in den Dienst weniger gestellt werden können. Das funktioniert, weil die Abhängigkeit vom Geld besteht“, so Bangemann. Das geschehe in Begleitung von zwischenmenschlicher Kälte, Existenzkampf und Konkurrenz. Eine Politik des Festklammerns an Bestehendem könne nicht zugelassen werden, schlussfolgert er. Für das Überleben sei das Abenteuer der Veränderung erforderlich. ++ (nw/mgn/20.01.15 – 20)

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Chiemgau, 12. Mai 2013 (ADN). Der „Chiemgauer“ wurde vor zehn Jahren am Bodensee von dem Lehrer der örtlichen Waldorfschule Christian Gelleri aus der Taufe gehoben. Gemeinsam mit dem Initiator setzten sechs Schülerinnen als Schöpferinnen dieses inzwischen als Europas erfolgreichste Regionalwährung bekanntes Zahlungsmittel eine atemberaubende Entwicklung in Gang, an der sich inzwischen 3.000 Mitglieder des gleichnamigen Vereins aktiv beteiligen. Ihnen ist es in dem vergangenen Jahrzehnt gelungen, 630 Firmen und Dienstleister rund um den Chiemsee in Bayern in das Regional-Währungssystem einzubeziehen.

Wie Gründer Christian Gelleri in der aktuellen Mai-Juni-Ausgabe des Magazins „Humane Wirtschaft“ in einem Jubiläumsbeitrag schreibt, ist der große Anreiz zur Weitergabe des „Chiemgauers“ betriebswirtschaftlich leicht nachvollziehbar. Schon bei der in Umlauf-Setzung von 500 Chiemgauern pro Monat werden umgerechnet 25 Euro eingespart. so Gelleri. 500 Euro seien es bereits, wenn 10.000 Chiemgauer im Wirtschaftskreislauf zrikulieren. Steigende Chiemgauer-Umsätze führen nach seinen Worten zu mehr Achtsamkeit, das Geld im regionalen Netzwerk zu verwenden.

Die Ökologin und Geldexpertin Prof. Margrit Kennedy nennt in demselbem Printmedium den Chiemgauer ein Vorbild für viele andere Regionalwährungen im In- und Ausland. Er sei zu einem Hoffnungsprojekt für viele geworden, die mit regionalen und komplementären Währungen einen Weg zur Befreiung aus der Vorherrschaft eines immer zerstörerischen Geldmonopols suchen und beschreiten. Während über die Entwicklung des Chiemgauers meist Erfreuliches zu hören sei, habe sich der Euro zu einem einzigen Knoten unlösbarer Probleme verwickelt. Dennoch sei das Euro-Projekt mit gigantischem Aufwand – darunter gewaltige Medien-Kampagnen – angepriesen worden. „Und noch immer setzt die Bundesregierung unter Frau Merkel und Herrn Schäuble Unsummen von Euro für die Rettung des Euro und die Rettung großer ’systemrelevanter‘ Banken auf Kosten der Steuerzahler ein, unter dem Motto ‚es gibt keine Alternative.‘ Wie lange sich die Steuerzahler dies noch gefallen lassen, ist eine der großen und wesentlichen Fragen unserer Zeit“, schreibt Kennedy in dem Beitrag unter der Überschrift „Euro und Chiemgauer – Ein fast objektiver Vergleich zweier ungleicher Brüder“.

Mit dem Chiemgauer bleibt – so ist auf der Internet-Seite http://www.chiemgauer.info zu lesen – das Geld in der Region, fördert kurze Transportwege und Arbeitsplätze vor Ort und unterstützt durch dem raschen Kreislauf obendrein gemeinnützige Projekte. Allein in der Waldorfschule Chiemgau entstand so bis heute ein Gegenwert von 20.000 Euro. Allein im vergangenen Jahr waren 625.000 Chiemgauer im Umlauf und bewirkten einen Umsatz von 6,5 Millionen Chiemgauern. ++ (fi/mgn/12.05.13 – 126)

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Wuppertal, 3. September 2012 (ADN). Die Piratenpartei gibt mehr Anlass zur Hoffnung als die immer noch im neoliberalen Paradigma eingemauerten Altparteien CDU/CSU, FDP, SPD und Grüne. Nicht weil die Piraten schon jetzt perfekt sind, sondern weil sie lernfähiger sind als andere. Diese aktuelle Trendmeldung über die immer noch sehr nebulösen und fragmentarischen wirtschaftspolitischen Vorstellungen der Piratenpartei gibt Roland Rottenfußer in der soeben erschienenen, jüngsten Ausgabe der Monatszeitschrift „Humane Wirtschaft“. Beim jetzigen sehr vorläufigen Stand der Diskussion seien jedoch noch einige Überraschungen möglich, weil die Piraten durchlässiger für Impulse von der Basis und von außerhalb sind. Im kommenden November werde man zwar mehr wissen, jedoch betrachten diese politischen Newcomer ihre programmatischen Aussagen immer nur als Zwischenschritte auf dem Weg zur besten Lösung.

Die Position, die bislang die deutlichsten Konturen hat, ist das Bedingungslose Grundeinkommen (BGE). Sie gehört nach den Worten des Autors zu den bekanntesten Forderungen, werde allerdings am meisten bespöttelt. Ein solches Echo habe der bundesdeutsche Medienapparat  ausgelöst, der sich insbesondere über die Person des Politischen Geschäftsführes Johannes Ponader lustig macht und dessen Auffassungen als Komik abzuqualifizieren sucht. „Angeblich habe dieser Hartz IV als Lebensstil kultiviert und wolle seinen Lebenstraum vom Grundeinkommen auf Kosten ‚anständiger‘ Steuerzahler verwirklichen.“ Die neoliberalen Hofberichterstatter würden dies skandalisieren und ihn als frechsten Sozialschmarotzer Deutschlands diffamieren.

Ungeachtet dessen hält Rottenfußer das Konzept der Piraten zum Grundeinkommen für wohl durchdacht und zitiert einen Piratenvertreter dazu: „Hinter der Forderung nach bedingungslosem Grundeinkommen steht die Einsicht, dass die Zielsetzung ‚Vollbeschäftigung‘ dank der sich rasant entwickelnden Informationstechnologie völlig unrealistisch geworden ist, zumindest solange Beschäftigung mit der Menschenwürde vereinbar bleiben soll. Andererseits wurde die Gesellschaft schon immer getragen durch nichtkommerzielles Engagement.“ Dies ersetze gerade in der jetzigen Phase Erwerbstätigkeit in großem Stil.

In anderen Bereichen der Wirtschaftsprogrammatik wagen sich nur einzelne Piraten-Gremien hervor. So habe der Landesverband Sachsen-Anhalt Reformen des Geldsystems gefordert. Parallele, umlaufgesicherte Geldsysteme sollen in Kommunen für alternative Finanzierungslösungen sorgen und regionale Wirtschaftskreisläufe schaffen. Solche fast lupenreinen Doubletten des Sozialreformers Silvio Gesell und der alternativen Finanzexpertin Margrit Kennedy werden allerdings in Sachsen etwas verwässert. Dort ist nur von „unterschiedlich konstruierten Währungssytemen“ die Rede.

Zur Zinswirtschaft allgemein und zum Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) im Besonderen gibt es bislang widersprüchliche Aussagen und Anträge. Wenig übereinstimmend sind auch Wirtschafts-, Sozial- und Finanzsektoren, die mit den Stichworten Mindestlohn zwischen 8,50 und 10 Euro, Erbschaftssteuer auf hohe Vermögen, Steuerreform  und fahrscheinloser Nahverkehr verbunden sind. ++ (wi/mgn/03.09.12 – 251)

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